Das OLG Hamm hat jüngst entschieden, dass Eltern grundsätzlich nicht verpflichtet sind, ihrem Kind eine weitere Berufsausbildung zu finanzieren, wenn sie ihm bereits eine erste Ausbildung finanziert haben, die seinen Begabungen und Neigungen entsprochen hat. Selbst dann nicht, wenn es in dem erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung keine Arbeitsstelle findet.
Im zu entscheidenden Fall hatte die Tochter ihren Kindheitstraum verwirklicht und sich entschieden, Bühnentänzerin zu werden. Nach der mittleren Reife hatte sie die Aufnahmeprüfung an einer staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst bestanden und eine einjährige Vorbereitungszeit an der Akademie des Tanzes absolviert. Im Anschluss daran war sie von der Hochschule zum Studiengang Tanz zugelassen worden. Nachdem sie das Studium mit dem Tanzdiplom abgeschlossen hatte, fand sie jedoch keine Anstellung als Tänzerin.
Deswegen entschloss sie sich zu einem anderen Weg, holte die allgemeine Hochschulreife nach und begann, Psychologie zu studieren. Für dieses Studium erhielt sie BAföG-Leistungen, die das Land dann anschließend von ihren Eltern zurückverlangte. Die Eltern waren der Auffassung, ihrer Tochter für das Psychologiestudium keinen Unterhalt zu schulden und verweigerten die Kostenerstattung an das Land.
Das OLG entschied nun zu ihren Gunsten und stellte fest, dass die Eltern dem Kind bereits eine seinen Neigungen und Fähigkeiten entsprechende Ausbildung finanziert hätten. Zur Unterstützung für eine weitere Ausbildung wären sie nur ausnahmsweise verpflichtet gewesen, z.B. wenn der Beruf aus gesundheitlichen oder sonstigen, bei Ausbildungsbeginn nicht vorhersehbaren Gründen nicht hätte ausgeübt werden können oder hätte die weitere Ausbildung mit der ersten Ausbildung in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gestanden. Auch habe die Tochter, als sie sich zum Tanzstudium entschloss, keinen weiteren Besuch einer allgemeinbildenden Schule mit anschließendem Studium angestrebt.
Das Risiko, nach Abschluss der geschuldeten Erstausbildung einen Arbeitsplatz zu finden, hätten unterhaltsverpflichtete Eltern grundsätzlich nicht zu tragen. Ein volljähriges Kind, das nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitslos ist, muss daher selbst für seinen Unterhalt sorgen und jede Arbeitsstelle annehmen, auch außerhalb des erlernten Berufs (OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.2018, 7 UF 18/18).